In meinem zwölften Lebensjahr, kurz bevor die Welt aus den Angeln zu geraten schien, traf ich sie. Sie war nicht älter als ich und hatte große dunkle Augen und schwarzes glänzendes Haar. Ihre wunderschöne Haut war von der eisigen Januarkälte krebsrot gefärbt. Ich war fasziniert von der Ausstrahlung dieses Mädchens. Ihre Kleidung war nicht bemerkenswert. Sie trug einen langen schwarzen Mantel, der ihre Figur verhüllte, abgetragene Schuhe, einen verwaschenen Schal sowie mehrfach gestopfte Wollhandschuhe.
Eltbogen ist schon lange überfällig, die Meisterin lugt oft besorgt zum Fenster, weils Abend wird und sich das Wirtshaus füllt und bald die Tagediebe trunken ausspeit. Die wohlfeil für drin ausgebrachte Runden, ihr Mütchen vor dem Judenhaus zu kühlen, Eltbogen ihr “Juda, verrecke!” schreien. Der Lehrling sieht vom Dachfenster die Kumpel vom Fußballplatz, vom Samstagskorso wieder, erkennt die heisern Stimmen auch im Dunkeln, für die der neue Sport einfach Gaudee ist,
Leseprobe Aus dem Roman Warum? Der lange Abschied ISBN: 3-8311-2089-7 Es war im Frühling 1944, ich war gerade sechzehn Jahre alt geworden. Die Zeiten wurden immer gefährlicher und erbarmungsloser. Wieder war ich auf mich allein gestellt, wieder war ich auf der Flucht. Ich stand verzweifelt im Bahnhof von Wilhelmshaven und fürchtete mich vor jedem, der mich ansah oder sich nur länger in meiner Nähe aufhielt. Die Züge fuhren sehr unregelmäßig. Ich hatte mir eine Fahrkarte nach Köln gekauft und musste warten.