Einige Beimengungen aus der Zubereitungsmasse: 11. April 1968 Attentat auf Rudi Dutschke - 29. Mai 1968 Billigung der Notstandsgesetze im Bundestag - Krieg in Vietnam - 20/21. August 1968 Überfall der Warschauer-Pakt-Truppen auf die Tschechoslowakei - Herbst 1968 schwere Hungersnot in Biafra - 21.-27. Dezember 1968 zehn Mondumkreisungen der USA-Raumfähre Wenigstens in der Quizsendung von Hans-Joachim Kulenkampff gab es jedesmal einen, der gewinnen würde. Und sonst? Im Wohnzimmer. Im Fernsehen. In den Zeitungen.
Frankfurt - Bockenheimer Warte - Café DO Ein Steinwurf von der Uni. Nur warf man auf´s DO keine Steine. Man setzte sie dort - Meilensteine. Ulrike Meinhof, Baader… …später Cohn-Bendit. Erst im DO gesessen, dann zur Hausbesetzung. Doch es gab auch wirklich revolutionäre Aspekte. Weltbilder wurden geändert - im DO. Das Verhältnis von Mann und Frau wurde neu definiert. 1968 die eigentliche Revolution. Bis zu diesen Tagen gab es noch “das Ritual”.
*Are you experienced? Have you ever been experienced? Well, I have (Jimi Hendrix)* Abends um elf erreichen wir endlich Joe’s Wohnung. Dirks Freundin Karin ist auch mitgekommen, aber sie ist müde, und legt sich gleich ab. Außerdem ist ihr unser Vorhaben hochgradig suspekt. Nach 5 Minuten: “Merkst du was?” “Nö!” Eine halbe Stunde später: “Merkst du immer noch nichts?” “Nein, nichts.” So langsam schleicht sich der Verdacht ein, Lindas Bekannter könnte uns abgelinkt haben.
Ende September 68 war Micks Lehre beendet. Er hätte zwar sofort in einem kleinen Laden in Kronshagen als Geselle anfangen können, aber der Meister hatte zur Bedingung gemacht, dass er sich die Haare abschneiden ließe. Und das wollte Mick auf keinen Fall. Ohne seine schulterlangen Haare wäre er sich nackt vorgekommen. Also war Mick arbeitslos. Achtzehn Mark Stempelgeld gab es in der Woche - nicht genug zum Leben, aber ein klein wenig zu viel zum Sterben.
Der Sommer, in dem alles möglich war. Wissenschafter der unterschiedlichsten Richtungen versuchen seit einigen Jahren, jenen heißen Sommer mit dem Beginn der Informationsflut und der damit verbundenen sexuellen Aufklärung, die damals ihren Anfang nahm, zu erklären. Doch wer jenen Sommer bewußt erlebt hat, weiß, daß an dieser Erklärung mehr als nur etwas faul, und daß dies Gelaber einfach nicht wahr ist. Es war, als täte sich etwas Unerklärliches im Innern der Erde und oben, in den Lüften.
Daß Mai achtundsechzig sich nähert, merke ich nicht. Ich wohne weit weg vom Studentenviertel, lese nie Zeitung, was in Deutschland vor sich geht, dringt nicht bis zu mir und als es ausbricht, ist es für mich ein persönliches Abenteuer. Als die Studentenunruhen anfangen, spitze ich natürlich die Ohren, verfolge am Radio was passiert. Und ich fange an, Zeitung zu lesen, doch bald gibt es die nicht mehr. Die Studenten bringen die Gewerkschaften dazu, sich ihrer Bewegung anzuschließen, was sie schließlich aus ganz anderen Motiven tun.
Als Mick gegen Ende seiner Lehrzeit einsah, dass das Handwerk - zumindest für ihn - keinen goldenen Boden hatte, meldete er sich auf dem Abendgymnasium an. In seiner Klasse waren etwa 20 junge Leute, im Durchschnitt Mitte zwanzig. Ein gutes Drittel der Klasse war wie Mick eindeutig links, ein weiteres Drittel konnte man der »bürgerlichen Mitte« zurechnen, und der Rest war unpolitisch, nur am eigenen Fortkommen interessiert. Einige der Lehrer kannte Mick noch von seiner alten Penne, aber trotzdem war alles ganz anders als früher.