Routiniert im amtlichen Beenden von amtlich sanktionierten Beziehungen - sprich: Scheidungen, war mein Talent 1997 wieder einmal gefragt.
Im Vorgriff auf die ab 1998 gültige, aber schon verabschiedete Sorgerechtsmodifikation wollte ich mich diesmal nicht von meinen Kindern scheiden lassen, wie das sonst zwangsläufig üblich war.
- (bei der Premiere) klärte mich der Familienrichter noch über die Wertstellung einer Vater-Kind-Beziehung so auf:
“Die schlechteste Mutter ist besser als der beste Vater…!”
Zur selbsterfüllenden Prognose wurde diese Einstellung damit manifestiert:
“Besuchsrecht erstmals 6 Monate nach der Scheidung, damit Mutter und Kinder sich zu einem Intensivverbund entwickeln können. Danach alle 6 Wochen ein Besuchsrecht des Vaters für 4 Stunden - unter Beisein der Mutter oder einer von ihr zu benennenden 3. Person.”
Als potentieller Rabenvater habe ich auch nach den 6 Monaten auf Besuche verzichtet. Mir fehlte einfach die “Menschliche Größe” und das “Pädagogische Talent” um in 36 gesplitteten Stunden pro Jahr ein funktionierendes Vater-Töchter-Verhältnis aufzubauen…
…1974 und ´79 ging mir das nicht anders.
Und jetzt? 1997! Sollte ich besser die Scheidung um ein Jahr verschieben? Gut, meine Tochter steht mit 18 nicht zur Debatte. Aber mein Junior…
…10 Jahre alt, und stark fixiert - beide! Sohn/Vater & Vater/Sohn.
Natürlich sprach der gegnerische Anwalt mir sämtliche Rechte, insbesondere das der Sorge für meinen Sohn vehement ab. Ehrlich und offen! In der Verhandlung: “Sie verlieren mit einem gemeinsamen Sorgerecht ein wesentliches Druckmittel, Frau xxxx.”
Die Richterin:
“Kinder als Druckmittel einzusetzen, mag ja üblich sein, aber es ist weder dem Kind, noch meiner Rechtsauffassung dienlich…”
Im Laufe der Verhandlung: “Der Kindesvater hat gemeinsames Sorgerecht mit einer für mich nachvollziehbaren Begründung beantragt. Ich zitiere: <Ein alleiniges Sorgerecht für einen Elternteil lehne ich ab, weil dem Kind das Recht auf beide Eltern nicht genommen werden darf. Ein einseitiges Sorgerecht ist in der Praxis auch immer eine Entlassung aus der Sorgepflicht des entlassenen Elternteils. Im besten Fall dient es dazu, das Kind als Machtmittel zu instrumentalisieren…>
Dieser Meinung schließe ich mich an. Im Vorgriff auf das künftige Gesetz beschließe ich ein gemeinsames Sorgerecht. Die Eltern sind gehalten eine dem Kindesinteresse angemessene Aufenthalts- und Verkehrsregelung zu finden. Sollte dies aus egoistischen Gründen nicht funktionieren, werde ich der schuldhaften Partei auf Antrag das Aufenthaltsbestimmungsrecht entziehen, ohne die anderen Rechte dabei zu tangieren…”
Dem Einspruch des gegnerischen Anwaltes entgegnete sie souverän:
“Sie kennen die Terminnot dieses Gerichts. Eine weitere Verhandlung würde nach Kenntnis meines Terminkalenders sicher erst 1998 stattfinden. Bei intensiverer Betrachtung der anstehenden Termine kann ich mit hoher Sicherheit sogar voraussagen, daß der Termin nach Rechtskraft des neuen Gesetzes, deutlich danach!, angesetzt würde. Und mein Urteil ist ihnen jetzt schon bekannt, dann wäre es nur juristisch fundierter!”
Fazit: Die Zeit heilt zwar nicht alle Wunden, aber sie kann doch neue verhindern.